Gut ausgebildet und auf dem Vormarsch
Gut ausgebildete Frauen sind also weltweit auf dem Vormarsch. Weltweit? Also überall? Tatsächlich nicht. Laut einer neuen Studie der „AllBright“-Stiftung sinken die Zahlen der weiblichen Mitglieder in Vorständen von DAX Konzernen kontinuierlich, sodass sie zuletzt den niedrigen Stand von 2017 von nur 12,8 Prozent wieder erreicht haben. Keiner der größten 30 Konzerne in Deutschland erreicht einen Frauenanteil von 30 Prozent – keines der Unternehmen wird überhaupt von einer Frau geführt. Warum die positive Entwicklung der Frauenanteile an den Führungsriegen in Wirtschaftskonzernen rund herum um Deutschland weiterhin ansteigt, in Deutschland aber grade in der Krise wieder rückläufig ist, kann nur vermutet werden. Wahrscheinlich liegt es an dem konservativen Hang in der Krise auf altbewährtes und damit ausschließlich auf Männer zu setzen, lässt die Studie schließen.
Aber warum ausgerechnet in Deutschland und nirgendwo sonst?
97 Prozent der amerikanischen und 87 Prozent der französischen Großunternehmen haben mehrere Frauen im Vorstand. In Deutschland trifft dies nur auf vier DAX-Unternehmen zu: Allianz, Daimler, Deutsche Telekom und Fresenius Medical Care. Dabei ist zu beobachten, dass immer mehr gutausgebildete Frauen in diese Positionen streben und es an Nachwuchs auch in Deutschland nicht fehlt. Was führt dennoch dazu, dass so wenige Frauen speziell in deutschen Vorständen Fuß fassen? Stehen wir Frauen uns selber im Weg oder werden wir von den Männern ausgebremst?
In meiner beruflichen Beratungspraxis – ich bin Fachanwältin für Arbeitsrecht – erlebe ich häufig Frauen, die sich ihres Könnens nicht sicher sind. Sie hinterfragen als erstes ihr eigenes Tun, wenn sie an einer Stelle nicht weiterkommen und beziehen Probleme und Kritik direkt auf sich persönlich. Viele wissen gar nicht, was sie alles können und verstecken sich hinter der Vorstellung, sie seien gut, aber eben nicht gut genug, weil nicht perfekt. Ein Gedanke, der einem Mann vermutlich nie käme. Häufig achten Frauen auch nicht auf ihr Äußeres Auftreten und die Notwendigkeit, in Männerkreisen eben auch durch ihr Verhalten klar zu machen, dass sie mithalten können. Damit meine ich nicht, dass sich alle Frauen männlich geben sollen – gerade nicht. Aber ich muss die Verhaltensmuster kennen und dominantes Auftreten erkennen und parieren können. Ich bin der festen Überzeugung, dass man auch als weibliche Frau überzeugend sein und Karriere machen kann. Frau muss sich nur darüber klar sein, dass sie nicht perfekt sein und auch nicht von jedem gemocht werden muss, um ernst genommen zu werden. Man muss überzeugend vertreten, was man selber erreichen will.
Mittelpunktsdrang ausleben
Aber Frauen werden auch immer noch nicht dazu erzogen, sich selber in den Mittelpunkt zu stellen und für ihr eigenes Talent Werbung zu machen. Um Erfolg zu haben, muss man aber gewillt sein, in den Fokus der Konkurrenten zu rücken und sich dort eben auch zu behaupten. Diesen Weg muss niemand alleine gehen – einen großen Vorteil haben hier die Männer wegen ihrer Netzwerke. Nur wenn wir Frauen auch konsequent anfangen zu Netzwerken und die Mitglieder unseres Netzwerkes konsequent zu fördern, statt uns gegenseitig auszubremsen, kann es Frauen gelingen, den Erfolg der Männer einzuholen. Denn werde ich gefragt, ob ich jemanden für ein spezielles Fachgebiet kenne und habe in meinem (weiblichen) Netzwerk jemand geeignetes, werde ich diejenige weiterempfehlen und umgekehrt sie mich auch. So funktioniert das eben – „man kennt sich und man hilft sich“, heißt es im Rheinland. Dabei erlebe ich in meiner Praxis leider immer wieder, dass Frauen sich unter Wert verkaufen, weil sie ihre Arbeitsleistung für weniger wertvoll halten, als die von anderen und sich dessen nicht bewusst sind. Hier hilft es sich klar zu machen, dass auch die männlichen Konkurrenten nur mit Wasser kochen und deren Arbeit daher nicht mehr wert ist als die eigene Leistung.
Zeiten für Frauen waren nie besser
Die Zeiten waren noch nie so positiv für Frauen wie jetzt. Es besteht in allen Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft die Notwendigkeit umzudenken und die jetzige Krise zu meistern. Und noch nie gab es so viele gut ausgebildete und motivierte Frauen wie heute, die Verantwortung übernehmen wollen. Und es gab noch nie so viele Männer, die Gleichberechtigung ernst nehmen und ihren Anteil dazu beitragen wollen, grade weil viele auch ihre Rollen in den Familien stärker leben wollen. Das gibt mir die Hoffnung, dass der internationale Frauentag irgendwann nur noch als eine Tradition bestehen könnte, an der daran gedacht wird, dass es einmal üblich war, den Frauen an diesem Tag Blumen zu schenken und wir ihn nicht mehr benötigen, um daran zu erinnern, dass Frauen gleichberechtigt sind – in allen gesellschaftlichen Bereichen.